20 Oktober 2006

Think IOU

Wiglaf Droste schuldet in Der infrarote Korsar einem Lokführer eine Geburt, und ich habe das Gefühl, ich schulde dem Blog eine kleine Erklärung. Darum also ein kurze Unterbrechung der Auszeit.

Also, der letzte Auftrag im alten Job führt in pazifische Gefilde; Hawaii, um präzise zu sein. Ich schicke das voraus, um klarzumachen, dass ich mir nicht ausgesucht habe, hier zu sein (auch wenn das zugegeben, Luxuslamentieren ist) und im Herbst (Lieblingsjahreszeit!) nie und nimmer in die Sonne fahren würde.
Obwohl es hier wirklich schön ist, und vor allem das Meer ist ein absoluter Bilderbuchtraum. Das Klischee vom kristallklaren Wasser und makellosen Sandstränden ist 100% übererfüllt. Kitsch live, aber sowas von wundervoll!

Wie auch immer. Das Südseeidyll hat einen massiven Knacks bekommen am Sonntag Morgen. Gerade aufgestanden, lässt sich das kreisende Gefühl vielleicht noch mit wackligem Kreislauf erklären. Als es dann aber richtig zu schwanken und irgendwie laut zu werden beginnt, ist klar, dass etwas nicht stimmt, und das hat mit Kreislauf nichts zu tun. Höchstens mit dem von Mutter Natur. Denn dann der Moment, als mir so richtig bewusst wird: Erdbeben! Sich klar zu werden, dass das grade Wirklichkeit ist, in echt passiert, real ist, und zu wissen, dass es jetzt jeden Moment aus sein kann, die totale Hilflosigkeit - das ist der eigentliche Schock.

Das Zimmer liegt im 17. Stock.

Irgendwann lässt die Bewegung nach und inzwischen ist der Strom weg - der Radiowecker zeigt keine Zeit mehr, die Air condition summt nicht mehr und das Telefon ist tot. Nach ein paar Minuten dann ein Durchsage über die Hotelsprechanlage: "Attention to all guests. We are experiencing an earthquake. Please stay calm in your rooms until further notice." Unnötig zu erwähnen, dass das Mobiltelefon kein Netz findet.

Dann die nächste Durchsage: "Attention to all guests. We just received information that the airport is closed. Please stay calm in your rooms. We try to keep you updated."

Das wird die einzige Information der nächsten Stunden bleiben. Stündlich wird wiederholt, man möge in den Zimmern bleiben und dass der Flughafen geschlossen ist. Im Zimmer nebenan - der Mensch ist dankbar für jedes Geräusch und Lebenszeichen - werden heftig Möbel gerückt. Die Nachbarn, so stellt sich später raus, sind Japaner, erfahren sozusagen, und haben ihre Verhaltensregeln angewendet.
Das deutsche Auswärtige Amt empfiehlt übrigens im Erdbebenfall, man möge "einen Sammelplatz mit EU-Angehörigen aufsuchen". Ich darf sagen, dass das vorsichtig formuliert nicht praktikabel ist, wenn man in einem oberen Stockwerk sitzt, die Lifte ausgefallen sind und fraglich ist, ob sich überhaupt irgendwo EU-Angehörige sammeln.

Nach ein paar Stunden war wenigstens Mobilnetzempfang und SMS ("Was ist los? Infos? CNN?")und damit der einzige Kontakt zur Außenwelt (in dem Fall darf man das ruhig so dramatisch sagen, denn es war so) möglich. Von dort die Information, dass kein Tsunami erwartet, aber mit Nachbeben gerechnet wird. Auch nicht unbedingt beruhigend, aber immerhin Information, und nicht die lähmende Ungewissheit.

Irgendwann lässt dann die Anspannung nach, weil man es rein konditionell nicht mehr schafft, Angst zu haben. Auch dann nicht, als vom nahe gelegenen Militärstützpunkt offensichtlich ein ganzes Geschwader Hubschrauber startet und die ziemlich gespenstische Ruhe unterbricht. Dass nichts mehr wackelt, trägt allerdings zur Beruhigung bei, und so heisst es abwarten, bis der Strom wieder kommt. Was nach über 15 Stunden dann der Fall ist und mit Riesenapplaus und Gejohle von den Balkonen, wohin sich viele aus den dunklen Zimmern wieder hingetraut haben, begrüßt wird.

Die Nacht wird eine leicht mulmige und sicherheitshalber in Klamotten verbracht, falls es doch noch Evakuierungen oder irgendwas gibt. Es geht dann aber alles gut, und aus den 6.7 und 5.8 Richter shocks wird eine Episode fürs Blog und die nicht vorhandenen Enkel.

Damit es nicht bei der reinen Desaster-Berichterstattung bleibt, sei allen EU-Angehörigen und sonstigen Lesern die vergnügliche (weil leider eher zum Amusement denn zur Hilfe taugliche) Lektüre des AA empfohlen. Dazu als Soundtrack Musik des hawaiianischen Kult-Sängers - bei ihm trifft der Ausdruck wirklich zu: alle hier lieben ihn, und als er von ein paar Jahren mit 38 an den Folgen chronischer Fettsucht (über 300 kg) gestorben ist, gab's ein Staatsbegräbnis - Israel Kamakawiwo'Ole, genannt Iz, vom lokalen Verehrungsgrad her so etwas wie Elvis, Heino und Robbie Williams zusammen.

Bis dann im Dezember!

16 Oktober 2006

Entwarnung auf die Schnelle

Erstmal statt einzelner SMS und mails: Aloh'a! Alles ok soweit. Versuche mich noch zu melden.

10 Oktober 2006

Entwarnung

Ehrlich, es gibt Zeiten, da bleiben nicht mal 5 Minuten fuers Onlinieren - Pardon an alle, die sich Gedanken machen. Alles ok. Das Bein ist wieder dran, eine feine Reha (in den Blog-Hochburgen Hamburg und Berlin) an- und demnaechst einen langjaehrigen Job an den Nagel ge-haengt. Jetzt noch mal so eine Art Weltreise, halb beruflich, halb privat. Da wird dann wieder mehr Gelegenheit fuers Netz sein. Hoffentlich.

Frei nach Paulchen Panthers "heute ist nicht alle Tage, ich komm' wieder, keine Frage", herzliche Gruesse allerseits.