Afrikanische S-Klasse
Martin Lehnert [Name geändert] macht ein internationales Praktikum. In Moçambique. Weil er zur Untermiete wohnt und es mit dem Internet-Zugang in Nampula noch so eine Sache ist, lässt er sich Briefe postlagernd schicken.
2 Wochen: Die erste Nachfrage bei der Post bleibt negativ. Verständlich, Deutschland ist weit.
3 Wochen: "Tut uns leid, kein Brief für Sie da." - "Wirklich noch nichts, nein? Hm. Schade."
4 Wochen: "Nein, nichts." - "Das kann nicht sein, ich weiß, dass wenigstens zwei Briefe da sein müssen, bitte schauen Sie nochmal genau nach. Vielleicht für Martin statt Lehnert?! Auch da nichts? *mambl*"
5 Wochen: "Wir bedauern, es sind keine Briefe für Sie. Vielleicht nächste Woche." - "Hören Sie, das ist unmöglich, seit Wochen kein einziger Brief! Da muss etwas sein. Ich möchte jetzt den Chef sprechen."
Die Leiterin der Poststation erscheint, hört sich die Sache an und geht dann höchstselbst mit ihrem Mitarbeiter forschender Weise zu den Postfächern.
Um dann nach einer Weile mit einem Bündel Post aufzuschlagen: Alles Briefe für den Deutschländer, alle abgelegt im Fach S: S wie Senhor Martin Lehnert.
15 Zweitstimme(n):
Sehr viele Ausländer dürfen an diesem Ort ja nicht gewohnt haben... sonst wäre das S-Fach ja schon längst voll gewesen !
Und man fragt sich, ob die Einheimischen eigentlich kein Recht darauf haben, als senores oder senoras tituliert zu werden ?
Ich möchte Ihnen mein Kompliment für den gelungenen Post-Titel aussprechen, werte Frau Einzelfall!
Und dann möchte ich noch anmerken, dass sich diese Geschichte durchaus auch in mir bekannten Postämter zutragen hätte können :)
Einzigartige Madame Einzelfall, Ihr Blog ist ein wahrer Quell von Informationen. Ich habe nicht gewußt dass Portugiesisch die Amtssprache in Mosambik ist. Wieder was gelernt dank Ihnen !
note: kuenstlernamen zulegen.
fuer suedliche laender steven spielberg, fuer schweiz/oesterreich harry hirsch und fuer france/england/usa marilyn manson.
Alphabetische Tücken in tollem Text mit tollem Titel. So darf das Wochenende beginnen!
Eine tolle Geschichte, die sich genausogut in mir bekannten Postämtern dieser Republik zugetragen haben könnte.
Dabei hat diese Land noch nicht einmal die schlechteste Infrastruktur im südlichen Afrika. Die überwiegende Mehrheit der portugiesisch sprechenden Bevölkerung lebt im Südteil des Landes. Die Bantu - Dialekte sind ein Sprachengewirr.
Lourenco Marques (Maputo) war zu meiner Zeit ein Seemannsparadies.
Achja, Seemann müsste man sein ! Frau bleibt nichts anderes übrig als Seejungfrau, und das ist erstens unpraktisch und zweitens nur zeitlich begrenzt möglich...
O Senhor Opa fala português ??
"mambl" - ist das swaheli?
und schon außergewöhnlich, ein praktikum in mocambique zu machen.
@ french kiss
Leider nicht, Mademoiselle.
Opa ist mangels multilingualer Vorbildung ein Anhänger der zärtlichen Augen- und Körpersprache und zum Bestellen geistiger Getränke genügen einige wenige Vokabeln.
Übrigens gibt es genügen Frauen, die zur See fahren. Mich besucht bald wieder ein Frau Kapitän, hoffe ich wenigstens.
Ich kenne bisher nur seefahrende Biologinnen und Geophysikerinnen...da zeigt sich einmal mehr, wie limitiert doch mein Bekanntenkreis ist. ;-)
Ich habe übrigens neulich in irgendeinem Bericht gehört, dass Seeleute (also -männer wie -frauen) im Augenblick eigentlich kräftig jüngeren Nachschub nötig hätten. Liegt vielleicht einfach daran, dass die heutige Jugend nicht mehr so abenteurlich ist...?
@french kiss: Bei der kreativen Art dieses Postamts liegt die Post für die Einheimischen wahrscheinlich unter N wie Nampula oder H wie hier :)
@samoafex: Herzlichen Dank, ein nicht näher genannt werdender Automobilkonzern wird sich über das Lob mindestens genauso freuen und das Postamt Ihres Vertrauens liest hoffentlich nicht so genau mit ;)
@lundi: Lieber Monsieur lundi, allein die Tatsache, dass Sie das Portugiesisch sofort erspäht haben, beweist, wie tief Sie charmanterweise stapeln.
@anonym: Und Elton John, Bono oder die Wildecker Herzbuben haben weltweit nie eine Chance, an Post zu kommen. Erschütternd.
@ole: Tolle temperamentvolle These - tanke! ;)
@Michael: Nur der Normalverbraucher hält das für Schlamperei; in Wirklichkeit ist es natürlich das Ergebnis ausgeklügelter Customer-Relationship-Fun-Bindungs-Bemühungen.
@opa: Opa, Dich sollte man halt auf Reisen dabei haben. :)
@herr underich: *mambl* könnte in der Tat swahelischen Ursprungs sein, wird inzwischen aber weltweit gesprochen, evtl. sogar von stöffernen Melonen, die diesen Laut des beleidigten Unfrohseins von sich geben, wenn Verwandtschaft im Obstsalat landet.
@ french kiss:
Eher nicht, Aber die Seefahrt hat sehr viel an Reiz verloren, seit dem man für ein paar € fast überallhin fliegen kann.
Die Reeder haben auch selbst schuld, durch Ausflaggung und Beschäftigung billiger Seeleute aus der dritten Welt haben fast alle deutschen Seefahrtschulen schließen müssen. Nun wird gejammert, weil vorher keine Sau auf die Opas hören wollte. Ich könnte auch ehrlichen Gewissens den jungen Leuten die Seefahrt nicht mehr empfehlen, die Nachteile sind zu groß.
Das mit dem Senhor kann doch mal passieren im Eifer des Gefechts. Ich hatte mal ganz unbekümmert einen indischen Kulturattache gefragt, warum soviele Inder 'Sri' mit Vornamen heißen. War mir dann ordentlich peinlich.
@simplex: Immerhin haben Sie ihm damit die Möglichkeit gegeben, seinem Kultur- und Bildungsauftrag nachzukommen. Am lebenden Objekt sozusagen. :)
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