21 Juni 2006

Juana - Wieviel Sinne hat der Wahn?
















Johanna, Doña Juana de Castilia.
Spanische Prinzessin, die sie ist, wird sie aus politischen Gründen verheiratet mit ihm:

Philipp der Schöne, Habsburger, Prinz von Burgund.
Sie verliebt sich auf den ersten Blick in ihn. Philipp erwidert diese Liebe, aber seinem schon immer gepflegten Hobby als hocherfolgreicher Ladykiller geht er weiter nach.

Johannas Eifersucht steigert sich ins Krankhafte: Hinter jeder Frau wittert sie eine Geliebte von Philipp und geht mit Messer oder Schere auf besonders hübsche Hofdamen los, um ihnen die Haare ab- oder das Gesicht zu zerschneiden. Später wird sie keine mehr zulassen und sich nur mit hässlichen und extra verstümmelten und entstellten Sklavinnen umgeben.

Philipp, zunehmend genervt, lässt ihre Aktionen dokumentieren und Berichte über ihr superexzentrisches Verhalten anfertigen. Dass sie inzwischen unerwartet die Herrschaft über das riesige spanische Weltreich geerbt hatte, könnte dabei auch eine Rolle gespielt haben.

Dann, sie ist Mitte 20 und zum sechsten Mal schwanger, stirbt Philipp plötzlich. Die vermuteten Ursachen schwanken bis heute zwischen einer Infektion und Gift.

Ab da ist es um Johanna vollends geschehen und sie wird als Johanna die Wahnsinnige (Juana la loca) in die Geschichte eingehen: Mit Philipps Sarg zieht sie monatelang durch Spanien - immer bei Nacht, denn "eine Frau, die ihren Mann verloren hat, soll nicht unter der Sonne sein, die er nicht mehr sehen kann". Keine Frau darf sich dem Sarg nähern und sie lässt ihn immer wieder öffnen, um dem Toten die Füsse zu küssen.

Davon profitiert Johannas Vater, die Katholische Majestät Ferdinand II. - eine so erwiesenermaßen Irre ist natürlich nicht regierungsfähig. Er lässt sie für geisteskrank erklären und unter Aufsicht von Klosterfrauen in einer Burg einsperren, wo sie knapp 50 Jahre später einsam und vollkommen verwahrlost, beinahe wie ein Tier, stirbt.

Wie so oft bei dramatischen Geschichten: Deutungen aller Art. - Einige Feministinnen finden, Johanna sei eigentlich gar nicht wahnsinnig, sondern von machtgierigen Männern so dargestellt worden. Eine andere Stimme wählt die gern genommene Psycho-Variante und macht eine gefühlskalte Mutter verantwortlich. Der Film Mad Love* führt alles auf rasende Leidenschaft zurück und ein Biograph plädiert auf historische Tragik.

*daraus die Fotos

3 Zweitstimme(n):

21/6/06 20:49, Blogger Pe Pe schreibt:

Obwohl Joana da loca selbst keine wirkliche Schönheit ist/war, kann ich dennoch nachvollziehen, warum sie Philipp den Vorzug gab.
Und das, ohne schwul zu sein ;)

 
21/6/06 22:19, Blogger der Nachbar schreibt:

Ihr Biograf Fernández Álvarez zitiert sie u.a. mit dem Satz: viel schlimmer als das Fehlen eines Bischofs sei es, „Hirten auszuwählen, die zum Hüten ihrer Herde nicht taugen“, als es darum ging die Wahl eines Bischofs abzusegnen. Das hört sich nicht verrückt an, sondern eher nach einem eigenen kritischen Kopf (in einer Zeit, in der denkende Frauen verbrannt wurden) Die Geschichte wird ja leider immer von den Mächtigen geschrieben und das waren meistens Männer.

 
22/6/06 14:10, Blogger kein einzelfall schreibt:

@pe_pe: Senor PePe, da zöge ich mit Juana und Ihnen ;)

@chris: Vielleicht ein ähnlicher Fall wie bei Margarethe , Herzogin von Tirol, aus der man(n) im Lauf der Geschichte die Margarethe Maultasch Maultasch gemacht hat. Sie war eigensinnig genug, sich - wahrscheinlich der allererste historische Fall - von einem Pflichtehemann scheiden zu lassen: 1341.

* Innsbruck, Galerie Schloss Ambras
** London, National Gallery

 

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