07 November 2006

Der stern ist schuld

Angefangen hat das alles in den 80er Jahren. Das elterliche stern-Abonnement verschafft der jugendlichen k.e. nicht nur tiefe Einblicke in Phänomene wie Swinger-Clubs oder die coole Welt von Loftbewohnern (es sind, wie gesagt, die 80er) - mit dem Fortsetzungsroman "Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd" ist auch eine neue Lieblingsautorin entdeckt, die herrlich klassische englische Krimis schreibt: Martha Grimes.

Die Bücher sind wg. all der Klischees nah am Kitsch - es wird viel und gern Flanell getragen, in jeder Lebenslage Tee oder Brandy genommen, gern mit Keks dazu, und nur aus altmodischen, angenehm unpsychologischen Motiven gemordet; Frau Grimes ist zu allem Elend auch noch Amerikanerin, aber egal: Die Schwäche für solche Art Erbauungsliteratur (und TV-Serien wie Inspector Barnaby) wird mich bis ins kühle Grab begleiten. Und das ist gut so.

Auch wenn es ab und an zu falschen Entscheidungen führt. Beispiel: Ein paar Bände aus der Inspektor-Jury-Serie haben Titel, die auf eher ungewöhnliche Pub-Namen zurückgehen: I am the Only Running Footman, The Man with a Load of Mischief oder Help the Poor Struggler. Gefühlte 90% aller Pubs dagegen heißen tendenziell [hierNAMENoderKING'S/QUEEN'Seinsetzen] Head, Red Lion, The X & the Y oder Dingenskirchen Crown.

So. Man stelle sich einen Bilderbuchtag in der English Countryside vor - quietschblauer Himmel, kühle Herbstluft, bunt verfärbte Buchenwälder, weiße Schäfchen auf den knallgrünen Wiesen von Sussex. An der Weggabelung 2 Schilder, die jeweils auf ein Dorfpub hinweisen: Royal Oak und The Fox Runs Free.

Lebenserfahrung und persönliche Faustregel besagen: In 9 von 10 Fällen ist immer der/die/das mit dem langweiligeren oder unschöneren Namen der/die/das Bessere. Aber nein! Das Entzücken über ein Martha-Grimes-reifes Pub siegt, und so wird der entkommende Fuchs aufgesucht.

Von dem sich dann rausstellen sollte, dass er zwar ok war, wg. viel zu knuspriger Fritten, die auch der generös drüber ausgeleerte Essig nicht aufzuweichen vermochte, aber mit Abstand den letzten Platz in der k.e.'schen Versuchsreihe von insgesamt 7x Cod & Fries belegt. Die königliche Eiche, so stellt sich hinterher raus, gilt als mit Abstand leckerste Küche in der Umgebung.

Und alles nur, weil der stern englandtümelnde Romane von Leuten abdruckt, die gar nicht mal von der Insel kommen! ;)

8 Zweitstimme(n):

7/11/06 15:02, Blogger ramses101 schreibt:

Auf der insel ist ja eh auf nix mehr Verlass. Mein momentaner Lieblingspub heißt "Bounty" und das hervorragende Ale schimpft sich "Rebellion". Wo soll das hinführen?

Und willkommen zurück. Sie wurden vermisst.

 
7/11/06 15:16, Blogger kein einzelfall schreibt:

@ramses101:
Eine Runde Kekse für alle!!
(fühlt sich gut an, wieder da zu sein).
Und you name it - alles nicht mehr so. Dass sie in London die Routemaster-Busse abschaffen, die Telefonhäuschen sowieso schon und dass in etlichen Lokalen keine Fußballfans mehr zugelassen sind ("Sorry, not football colours") - geschenkt. Der Gipfel aber: Auf einem Landsitz gewesen, über 500 Jahr alt, Tudor-Kamine, Park, Labradors, Ahnengemälde - alles da. Auf die Frage nach dem Hausgespenst aber? "Sorry, no. I guess, we have to hire one."
Kein Wunder, dass das mit dem Empeier nix mehr ist. ;)

 
7/11/06 15:42, Anonymous Anonym schreibt:

Existiert eigentlich in den Pubs und den U-Bahnen auch schon ein Rauchverbot? Dann dürfte das Rauschverbot bald folgen ...

 
7/11/06 17:42, Blogger Lundi schreibt:

Die besten Fish & Chips ist man an einem Imbiss am Hafen, aus fangfrischem Fisch, mit überdimensionalen Pommes und in Zeitungspapier eingepackt. Gibt es das eigentlich noch ?
Schön dass Sie wieder da sind !

 
7/11/06 18:43, Blogger kein einzelfall schreibt:

@ye olde revolutionary: Quarzen in der U-Bahn geht ja schon seit dem King's Cross-Feuer nicht mehr. Im Pub ist man von irischen oder italienischen Verhältnissen aber noch weit entfernt, obwohl etliche Schilder "no smoking at the bar please" zu sehen sind. Der Rausch, speziell in Form des binge drinking, erfreut sich aber nach wie vor großer Beliebtheit. Zumindest in den Suburbs. Auf dem Land scheint man ja durchgängig auf Idyll zu machen.

@lundi: Ganz ehrlich - mir ist es in etlichen Inselferien nie gelungen, das in Vollendung (und die käme in Form des Zeitungspapiers) zu finden. Und der letzte Augenschein besagt, dass die Chippie-Wahrscheinlichkeit inzwischen in Deutschland (keine Zone der Fußgänger ohne Nordsee-Filiale) inzwischen viel höher liegt. Wenigstens auf die Pubs ist Verlass, die bieten's noch an.

 
8/11/06 00:48, Anonymous Anonym schreibt:

und schuld daran ist nur der tunnel, oder?

 
8/11/06 12:55, Anonymous Anonym schreibt:

Ich finde Inspector Barnaby super.

 
8/11/06 16:55, Blogger kein einzelfall schreibt:

@andiekanne: Und wenn nicht der Tunnel, dann mindestens die Franzosen ...;)

@erasmus: Herr von Meppen, mein Votum haben Sie!
Üb immer Troy und Redlichkeit ... ;)

 

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