Der Berliner Wasser-Fall
Wer einen Mangel an Katzen-Content aufzuweisen hat, kommt möglicherweise irgendwann in den Verdacht mangelnder Tierliebe. Dass man wenigstens gern mal ein Heuschrecken-Fachblatt liest, zählt dann wahrscheinlich nicht ...
How to spend it ist, wie der Name schon ankündigt, die Geldausgebentippsbeilage der Financial Times Deutschland und damit eher für eine Leserschaft, die alle Bände von How-to-make-it schon gelesen und verwirklicht haben dürfte.
Manche Artikel sind zwar bemerkenswert schlecht geschrieben (als Autoren visualisiere ich da vom obligaten 6MonateSingapurAustralienNeuseeland-Trip zurückgekommene Abituristen, die gern was in Richtung Dschörnalismus machen würden), aber lernen lässt sich allemal etwas; mal mehr, mal weniger.
In die Rubrik "mal mehr" fällt der Beitrag über Nota Bene, wohl d e r Luxusreiseführer überhaupt. Hat eine bildschöne Website, und wenn sich die in der Druckausgabe widerspiegeln sollte, wäre schon rein aus ästhetischer Sicht das Jahresabo von 400 € gerechtfertigt. Naja, wenigstens für diejenigen, die ein nicht so mikroskopisches Gehalt zu versteuern haben wie *hüstel* mancheine.
Jedenfalls: Der Begründer von NB, der selbst noch testenderweise unterwegs ist, hat so etwas wie den Schwarzen Gürtel in Luxurologie. Was man daran erkennen kann, dass er recht spezielle Ansichten über Erstklassigkeit pflegt: Dem Adlon in Berlin wirft er zum Beispiel vor, dass es 42 Sorten Mineralwasser anbietet.
Zu wenige? Nein, zu viele. Denn damit ist der Gast gezwungen auszuwählen und sich entscheiden zu müssen; und Entscheidungen treffen widerspricht wahrem Luxus. Welchselbiger darin besteht, automatisch das Wasser gebracht zu bekommen, das man am liebsten trinkt.
Aha.
Einigermaßen beruhigend zu sehen, dass unsereins sich offensichtlich den Blick für die kleinen Freuden des Alltags bewahrt hat: Ist doch toll, aus 42 Sorten von was auch immer, Brot und Wasser, Schokolade bis Käse, wählen zu können. Jedes Mal aufs Neue.
(Dass es genug Menschen auf der Welt gibt, die froh wären, wenn sie überhaupt Trinkwasser und eine Wahl hätten, ist bedacht. Vor dem Hintergrund kommt sowieso die ganze Bloggerei dekadent daher.)
13 Zweitstimme(n):
Und dazu spielen sie beide Sorten Musik: Country und Western.
42 Sorten Wasser im Programm zu haben, ist definitiv als Hommage an Douglas Adams zu werten und damit per se zu begrüßen.
Sie haben doch ein Tierliebealibi, siehe blogroll, Rabe, Pudel, Papageien.
@ole: Als Film gibt's dazu vermutlich "Drei Farben: Blau".
@ramses: Unbedingt! Und ich würde wetten, dass im Adlon am Donnerstag, (geschickterweise ziemlich aktuell ;)) auch jede Menge Handtücher auslegt werden.
@anonym: Erstklassiger Verteidigungstipp, danke! (Um Herrn Lundi die volle Ehre zu geben: Die Papageien sind Taucher).
ich persönlich mag überflüssiges nicht so gerne.
Geld ausgeben ist ein anstrengendes Geschäft, da ist professionelle Hilfe immer willkommen. Kann mich erinnern, vor langer Zeit einmal die Vogue als Gebrauchsanweisung dafür bezeichnet zu haben. Dass es mittlerweile effektivere Veröffentlichungen dazu gibt, ist sehr zu begrüßen. Weiß eigentlich jemand, wieviele Sorten Bier das Adlon anbietet?
@undundund: Unter dem Aspekt ist Pit hoffentlich keine Wassermelone?!?
(Darf ich, nachdem Ihr Block gerade ein bisschen rekreiert, an dieser Stelle noch ein Kompliment überreichen für Ihre 'Ackermannlogik'? Mein persönlicher Favorit für das Wort des Monats.)
@simplex: Die Wogü (tatsächlich so schon gehört) kann getrost auf der Ausgabenliste bleiben. Und wer sonst sollte die Schlacht gegen drängende Menschheitsprobleme wie Orangenhaut und Schlupflider schlagen?
Das mit dem Biersorten ist eine feine Frage, auch unter komparatistischen Gesichtspunkten, Stichwort Watzke und Semper. :)
(Eben gemerkt: Ein bisschen intern geraten, die Kommentarkommentare. Pardon an alle anderen Leser).
er ist so eine art wassermelone, frau k.e. und ach, das von ihnen zitierte wort erinnert mich jetzt ein bisschen an den quantorenflosser, wo ich jetzt gern würd hinverlinken, aber sie wissen ja. leiderleider.
btw: sie werden auf der berliner lesung zugegen sein?
Tierhölle in Liebenwalde!
Im brandenburgischen Liebenwalde hat sich eine Katastrophe ereignet.
210 Tiere mussten aus falscher Tierliebe, am letzten Freitag gerettet werden.
Den ganzen Beitrag habe ich bei http://heuteblog.de/2006/05/23 gefunden. Auch die Alteigentümer des Grundstücks sind entsetzt.
Gruß
Andi
@undundund: "Eine Art Wassermelone" ist sehr schön - auf eine Art künstlerisch und der Phantasie viel Raum lassend.
Die Vorlesung - wenn sich (hoffentlich) noch herausstellt, dass man sich nicht reindrängen muss, sondern entspannt aufschlagen kann, tue ich so. Werden Sie sich gar die Ehre geben?
@Andi: Bitter für alle Beteiligten.
wenn unvorhergesehene widrigkeiten mich nicht aufhalten werden, guess ich mal so.
Ich bin über die Geschichte von Holbein hierhergekommen. Eigentlich lese ich nur mit. Aber heute muss ich einfach sagen, daß ich das PS sehr gut und wichtig finde. Schön, daß du die Oberflächlichkeit ansprichst und dadurch wegnimmst.
@und³: Na, vom 'guess' zum 'guest' ist ja nur ein kleiner Schritt :)
@monika: Danke. Oberfläche wird es freilich weiter bleiben, echter Anspruch sieht anders aus.
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