09 April 2006

Der Undercover-Fan

Bei einem Bundesliga-Spiel gewesen sein - ein Punkt auf der Liste Dinge, die man einmal im Leben gemacht haben sollte. Umgesetzt im Neckarstadion zu Stuttgart, das eigentlich Gottlieb-Daimler-Stadion und wo es VfB Stuttgart - 1. FC Nürnberg heißt.

Das Spiel geht so vor sich hin. Die, die etwas davon verstehen (also alle außer k.e.), sagen, es sei ein Gurkenspiel, regen sich gelegentlich über die überbezahlten Kicker und den Schiedsrichter auf, sind aber trotzdem recht aufmerksam dabei. Unsereins ist mehr atmosphärisch interessiert und lässt den Blick schweifen. Auffällig ist vor allem die Groupie-Gruppe des blonden Herrn Hildebrand: Der Goalie der Stuttgarter wird von etlichen Görls angehimmelt und bejubelt. “Ist deeer süüüüüß”.

Die Reihen auf der Tribüne sind in der Hand von VfB-Anhängern, die Nürnberger sitzen anderswo. Das scheint auch ein älterer Mann (65+) bemerkt zu haben, der mit einer Gruppe von Freunden da ist (in der Generation würde man wohl von ‘Kameraden’ sprechen), im Gegensatz zu seinen Kollegen aber irgendwie angespannt wirkt, bei Stuttgart-Chancen eher nicht so mitgeht und mit beiden Händen an einer roten Stange festhält.

Dann fällt endlich mal ein Tor. Für Nürnberg. Der Verkrampfte springt auf, nestelt an der Stange, aus der plötzlich eine ausgerollte FC-Nürnberg-Fahne wird, und fängt total happy an, sie zu schwenken. Der aufgestaute Krampf einer Halbzeit entlädt sich.

Da die Schiedsrichter-Entscheidung: Das Tor wird nicht gegeben.

So schnell ist nie wieder eine Flagge eingerollt worden und unter einem Anorak verschwunden, wie in dem Moment.

Von den VfB-Kollegen hat keiner was gemerkt, und meinereine kann schweigen.
Irgendwo da draußen gibt es jedenfalls einen Maulwurf in Rentnerfreizeitkreisen.

7 Zweitstimme(n):

9/4/06 18:59, Blogger Lundi schreibt:

Madame Einzelfall im Stadion. Und das aus eher soziologischem Interesse. Meine Ehrfucht wächst stetig !

 
9/4/06 21:01, Blogger Pe Pe schreibt:

Ich tippe auf einen Überläufer vom geheimen Bockbeutel-Bund aus der Nürnberger Ecke. Aber so ganz konnte er wohl seine Herkunft nicht verleugnen. Tja - ein Kehrwoche-Schild alleine macht eben noch keinen Schwaben.

 
10/4/06 00:01, Blogger kein einzelfall schreibt:

@lundi: Vielen Dank. Sie haben aber schon bemerkt, dass es sich nur um ein Kommentar-, nicht unbedingt um ein Kompliment-Feld handelt? ;) Wobei mir Eitelkeit natürlich nicht fremd ist ... *g*
@pe_pe: Am Ende noch der Blaue Bockbeutel ... aber der wäre wohl mehr ein Fall für Frankfurts Eintracht. (p.s. Bildwechsel?)

 
10/4/06 02:12, Anonymous Anonym schreibt:

Ja, so sind sie halt, die Opas. Ich werde heute im Laufe des Tages den Berliner Bären auch wieder einrollen, die Solidaritätswoche mit der Metropole ist zu Ende.

Immerhin zeigen sie überhaupt Flagge, die alten Kämpfer.

 
10/4/06 09:05, Blogger Pe Pe schreibt:

@k.e.: Ja Bildwechsel - verschlechtert ?

 
10/4/06 15:03, Blogger Oles wirre Welt schreibt:

Das kenne ich nur zu gut von früher, als ich Werder- UND Nürnberg-Fan (damals wegen Köpke) war, und wir vom Fußballverein aus nach Bremen zum Spiel gegen Nürnberg fuhren. Nürnberg gewann 3:1, ich hatte als einziger überhaupt auf Nürnberg getippt und dafür dann ein Werder-Trikot gewonnen. Hab auch nur in der Hosentasche mit einem Zwergwimpel gejubelt, als die Tore fielen, ich war ja im Werderaner-Block. Werder-Fan war und bin ich ja auch. Damals allerdings auch noch mit einem Hauch Nürnberg-Fan und jeder Menge Missgunst der anderen... schließlich hatte ja ein Verräter gewonnen. :)

 
10/4/06 16:54, Blogger kein einzelfall schreibt:

@deadoralive: So, könnte ich mir vorstellen, ist auch vor 60 Jahren die ein oder andere Flagge plötzlich verschwunden.
Die Bärliner-Soliwoche übrigens war von sehr schöner Länge.
@pe_pe: Es wirkt eine Winzigkeit ophtalmologisch, aber dafür müssen Sie sich wahrscheinlich nicht mehr die Frage nach Bernhard Hoëcker gefallen lassen ;)
@ole: Eine so bewegte wie bewegende sportliche Vergangenheit nebst Erfahrung im IF*-Wesen. Hochachtung!


*informeller Fan

 

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