Bild der Frau
Heinrich der Achte, bekannt als übergewichtiger König von England und Verschleißer von 6 Ehefrauen, gemalt von seinem Hofmaler Hans Holbein dem Jüngeren.
Als ihm Gattin Nr. 3 abhanden gekommen ist, beauftragt er Botschafter, nach einer neuen Partie Ausschau zu halten. Fündig wird man in Niedersachsen, in Cleve. Die dort zur Auswahl stehenden Prinzessinnen werden von verschiedenen Malern porträtiert, damit sich Majestät buchstäblich ein Bild machen können.
Es "gewinnt" Anna von Cleve. Das Porträt, das Holbein von ihr aufnimmt, hat den König derart entzückt, dass er praktisch auf der Stelle heiraten will. Was dann nach einiger Zeit auch passiert.
Nur findet Heinrich Anna dann im wirklichen Leben leider vollkommen abstoßend, so dass er die geplante Hochzeit rückgängig machen will. Geht nicht. Also heiratet er, höchst widerwillig im kleinen Kreis und - amtlich formuliert - wird die Ehe nie vollziehen. Nach einem halben Jahr einigen er und Anna, die wohl auch nicht allzu begeistert von ihm war, mangels Englischkenntnissen aber wenig dazu sagen kann, sich auf die Annullierung der Ehe.
Holbein hat nach dem Anna-Porträt nie wieder einen Auftrag vom Hof bekommen.
Das hat ihn, gebürtiger Basler, aber nicht groß belastet, denn er war zu der Zeit erfolgreich genug und blieb in England. Die eigene Frau nebst Kindern hat er in der Schweiz zurückgelassen. Was ihr immerhin eingebracht hat, als erstes Bild einer verlassenen Ehefrau in die Kunstgeschichte einzugehen:
(1) WAG Liverpool/(2) Louvre/(3) KM Basel
11 Zweitstimme(n):
Mal wieder sehr lehrreich ! Das schöne an der Poträtmalerei war ja das gekonnte Verschönern (oder künsterlische Darstellen der inneren Schönheit ?). Fotos können da sehr unbarmherzig sein...
@lundi: Reine Ablenkungsstory, lieber lundi, um der werten Leserschaft auf nüchternen Montag nicht die eigentliche Geschichte zuzumuten, die da wäre, dass das meistumlagerte Bild in der aktuellen (und im Übrigen grauenvoll überlaufenen) Holbein-Ausstellung in Basel dieses hier war.
Lenin hat 1916 angeblich extra einen Vortrag in Basel gehalten, um auf Spesen dorthin reisen zu können, weil er gern just dieses Bild sehen wollte.
Gerade noch las ich den Kicker, jetzt das hier... da muss man sich blitzschnell an das neue Anforderungsprofil gewöhnen, wird dann aber, wie so oft, enorm entlohnt. :)
Kleine Anmerkung zum Artikel:
Möglicherweise hatte die gute Frau Anna von Cleve es noch am Besten erwischt.
Immerhin wurden zwei der Heinrich´schen Frauen enthauptet und eine starb im Wochenbett.
Den toten Christus hätten wir sicherlich verkraftet.
Wie immer sehr schön gemacht, verehrte Frau Einzelfall.
@ole: Ein profilierter Kommentator wie Du macht sowas doch gewöhnlich aus dem Handgelenk. (Wortspielversuch. Betonung auf Versuch)
@pe_pe: Da könnten Sie - wie schon mit dem toten Christus und den toten Gemahlinnen (bisschen morbide das) - richtig liegen. Anna bekam eine schöne jährliche Apanage, die Zusage, nicht nach Cleve zurück zu müssen, und blühte als Scheidungswitwe wohl regelrecht auf. Geheiratet hat sie im Übrigen nie wieder.
@nömix: Da kommt natürlich das Stichwort, das an der Stelle immer kommt: Innere Werte. Da die aber niemanden überzeugen, vielleicht doch besser mal der Herr Holbein selbst ...
Es hat sich nicht viel geändert, alles Lug und Trug. Sogar bei den inneren Werten wird betrogen auf Teufel komm raus. Die Wahrheit ist eine Lüge.
@king liar: Waren Hoheit gegen Ende nicht blind? So oder so: Words of wisdom.
Wie ich lese,ist der Herr Malerstar an der Pest gestorben.
@rachegöttin: Also Gott ist ein Mädchen bzw. eine sitzengelassene Gemahlin?
hut ab! ein blogbeitrag, wie ich ihn schätze. klasse erzählt, viel gelernt. nur: interessiert hätte mich, ob sie damals schon ahnte, verlassen zu werden? so wie die dreinschaut...
@waschsalon: Schönen Dank für das gewaschene Perseal of Approval ;).
Das Bild, auch wie die Zwerge dreinschauen, ist angeblich zum Abschied gemalt worden.
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