30 November 2006

Total verklemmt beim Zoll

4 Tage Washington DC. Wunderbar, nur eben so gar nichts passiert, was einen Blogeintrag rechtfertigen würde.

Dann aber, der Rückflug:
Vor der Schleuse zur Handgepäckkontrolle. Die Handtasche in die Wanne gelegt, das Beutelchen mit den Flüssigkeiten, die Münzen aus den Hosentaschen, den Mantel und die Schuhe. Die Schuhe? Nein, nur den rechten.
Denn beim linken Stiefel, enges schlabberweiches Wildleder, klemmt nach 5 Zentimetern der Reißverschluss. Und das total. Kein Vor, kein Zurück mehr.

5 Minuten einbeinig rumgehampelt und versucht, das Ding vom Bein zu bekommen - erfolglos. Einer der Beamten macht die Schlange dicht, kommt raus und versucht durch Ratschläge zu helfen (anfassen traut er sich nicht) - nichts geht. Auf die Frage, ob sie bei den Tausenden von Leuten, die jeden Tag durchgeschleust werden, noch nie so einen Fall hatten, meint er, sowas sei das erste Mal, es seien aber "really nice boots".

"But I guess not nice enough to let me pass?!?"
"No, sorry. We'll have to get someone."
Er funkt Verstärkung herbei und unsereins hat Visionen von brutal zerschnittenen Lieblingsstiefeln. Zwei Security-Leute erscheinen, begutachten das Dilemma und befinden dann "female assist". Was dann mehrfach lautstark durch die Halle gebrüllt wird.

Auftritt einer uniformierten Oberchefin.
Die schaut sich das Elend an, lässt sich Pass und Bordkarte zeigen und den Problemfall einbeinig hinter ihr her durch die Schleuse in einen plexiverglasten Nebenraum humpeln: Vom Stiefel wird ein Polaroid gemacht, längs und quer ein Abstrich genommen, dieser an Ort und Stelle analysiert, und nachdem weder Spuren von Anthrax oder Sprengstoff gefunden werden, ist alles ok.

In dem Moment kommt einer der Officers mit einem beschlagnahmten Maniküre-Set an. Darin eine Pinzette, mit der sich das eingeklemmte Futterleder in Nullkommanichts vom Reißverschluss trennen lässt. "You know, my wife buys these expensive European shoes and the zippers always get stuck. That's how she does it."

Im Fall der Fälle also nach einer Pinzette verlangen. Wobei es vermutlich helfen dürfte, keinen Pass aus einem bratpfannenheißen Land mit bekloppten Religionen (<- Max Goldt?) zu haben.

11 Zweitstimme(n):

30/11/06 22:44, Anonymous Anonym schreibt:

Ja, kochendheiße Länder mit bekloppten Religionen, in denen ständig vollbesetzte Fähren kentern: so hab' ich das bei Max Goldt in Erinnerung. Ungefähr jedenfalls. Das Stiefel-Desaster hätte auch ganz gut in Onkel Max' Kulturtagebuch gepasst.

 
1/12/06 07:35, Anonymous Anonym schreibt:

Selbst auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Bin ich froh, daß ich da nicht mehr hin muß!

 
1/12/06 09:37, Blogger samoafex schreibt:

Einerseits gut, diese strengen Kontrollen mit Beschlagnahmung alltäglicher Dinge, sonst hätte jener Officer ja keine Pinzette zur Hand gehabt.

Andererseits: ohne diese strengen Kontrollen mit Beschlagnahmung wären Sie ja gar nicht in jene Lage gekommen, aus der Sie besagte Pinzette befreit hat.

Aber immerhin, Sie können nun täglich aufatmend Ihre Stiefel anziehen und sich danken: Juchu, anthraxfrei!

 
1/12/06 09:37, Blogger samoafex schreibt:

Sich denken, nicht danken. Jessas.

 
1/12/06 10:28, Blogger mq schreibt:

Schön, dass man Sie nicht prophylaktisch erschossen oder in eine kubanische Bucht verfrachtet hat.

 
1/12/06 14:34, Anonymous Anonym schreibt:

Wobei gegen kubanische Buchten ja nun wirklich nicht vieles spricht. Bis auf die eine da unten...

Ansonsten: Bei Flugreisen - Immer frische und lochfreie Socken tragen!

 
1/12/06 14:35, Blogger Lundi schreibt:

Das Motto dieses Blogs scheint mir in 80 Tagen um die Welt geworden zu sein ! Bzw. Frau Einzelfalls Auslandsjournal. Bitte mehr davon !

 
1/12/06 19:15, Anonymous Anonym schreibt:

@ Quandt: warum erschiessen. So inhuman sind die nicht. Ich kann mir vorstellen, dass eine saubere Amputation auch ausgereicht hätte.

 
1/12/06 21:05, Blogger kein einzelfall schreibt:

@simplex: Danke! So im fortschreitenden Alter wird man ja ein bisschen unsicher und zitiert am Ende noch Wolfgang Schäuble, in der Meinung, es sei Goldt. ;)

@opa: Nein, ist keine Wiederholung. Und abgesehen davon, auch nicht verkehrt. Obwohl es vor Ort dann doch immer richtig schön ist und zum Glück durchkommt, dass gut die Hälfte der Amerikaner gar nicht so sind. So naihrwisstschon.

@samoafex: Ja, irgendwie war das eine schöne Bestätigung für Hölderlins Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch.
Anthrax scheint im Übrigen ein bisschen außer Mode, man hat's jetzt wohl mehr mit Polonium. Ach, eine schnelllebige Zeit ist das!

@markus_quint: Oh ja, der Mensch ist dankbar. Das Bild des Jammers, das man als alteuropäische einbeinige, Fleisch gewordene Verzweiflung abgibt, scheint dann doch auf menschliche Reflexe zu treffen. Oder ist nicht mal eine Kugel wert.

@eon: Das Sockenproblem ist über das gleichnamige Abo gelöst. Und mit der Bucht haben Sie natürlich Recht - allein schon wg. dieser kreuzhässlichen Overalls sollte man die meiden. (<- das dürfte jetzt für die Kategorie "Oberflächlichster Comment der Woche" qualifizieren).

@lundi: Tja, jetzt wo grade so schön Schwung drin ist, ist die Tournee für dieses Jahr leider so gut wie zu Ende - 3 Tage Arosa darf ich Ihnen noch ankündigen, das war's dann. Naja, jedenfalls 2006. ;)

@joppi: 'Quandt' ist, glaub' ich, eine andere Fraktion.

 
1/12/06 21:34, Blogger mq schreibt:

... um nicht zu sagen Dynastie.

 
2/12/06 10:06, Anonymous Anonym schreibt:

..äh ja..
keine Ahnung warum Herr Quint immer als Quandt in meinem Schädel herumspukt. Vielleicht wegen seiner spacigen Geschichten? Ich warpe jetzt zum Planquadrant ABC.
Wie auch immer... ich gelobe Besserung!

 

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