23 Dezember 2005

Dichte Schotten


© Michael Sowa


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Gute Zeit allerseits!

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22 Dezember 2005

Die Glöckner vom United Kingdom

Im Londoner East End befindet sich die Whitechapel Bell Foundry, die Glockengießerei, deren wahrscheinlich prominentestes Produkt Big Ben ist.
Nachdem nicht jeder einen großen Turm sein Eigen nennt, gibt's als Mitnehmsel auch kleinere Exemplare, zum Beispiel silberne Tischglöckchen. Mit denen kann man entweder das nicht vorhandene Personal aus dem genauso wenig existenten Ostflügel herbeibimmeln, zu Weihnachten (out now!) die Bescherung einläuten oder einfach nur so vor sich hin klingeln.

Weil in dieser schnelllebigen Zeit (mit 3 l) nicht mal mehr in England auf Traditionelles Verlass ist - Stichwort rote Busse -, vorsichtshalber also bei den Glöcknern anrufen, bevor man durch die halbe Stadt kurvt, um dann vielleicht vor verschlossenen Türen oder nicht mehr geführten Glöckchen zu stehen. Der Concierge ist so freundlich die Nummer rauszusuchen und stellt durch:

"Hello, good evening. I was wondering, how long you are open today?"
"Actually, we are open 24 hours."
"24 hours? Oh. Great! Do you still sell these little silver bells?"
"These what?"
"Bells. B-E-L-L-S."
"We do not have any bells at all."
"So this is not the Whitechapel Bell Foundry, is it?"
"This is Whitechapel Burger King."

Well, die Bell Foundry hätte sowieso nur bis Nachmittag offen gehabt.

21 Dezember 2005

Konsumterrorwarnung

Falls im Weihnachtswahn die Vernunft spazieren geht: Woran man merkt, dass man in einem Luxusladen einkauft:

1. An den fehlenden Preisen (d.h. die Preise fehlen ganz und gar nicht, nur ihre Schilder).

2. Und daran: Die Quittung wird in einem neckischen kleinen Umschlag gereicht.


p.s. Vorsorglich an Mitgiftjäger und Einbrecher: Kein Einzelfall ist keine lukrative Zielgruppe - es ging nur um einen unschuldigen Spielgewinn, der einem Gelübde nach versilbert werden musste.

20 Dezember 2005

Von Augenschmaus bis Gängelband

Vielleicht noch eine Runde 'Leben im Barock - Memoiren einer Schloss-
Touristin'? In Ermangelung finanzieller Möglichkeiten bewohnt kein Einzelfall leider keine Schlösser (um das Anspruchs-Fass mal randvoll zu machen *g*) und ist für das 7-Meter-Decken-und-überhaupt-Feeling also gezwungen, welche zu besichtigen. Deshalb heute zur Abwechslung nicht nach Eintrittskarten, sondern ein bisschen in der Erinnerung an diverse Besuchstouren gewühlt.
Here are the results:

"Stinkreich" und "stinkvornehm" kommen nicht von ungefähr, sondern aus der Zeit, als Wasser als verderblich galt: Es öffnet die Poren der Haut, dringt durch sie ein und schleust Krankheiten ins Blut. Ergo: Baden und waschen machen krank.
Wer überhaupt badete - meistens nur wagemutige Exzentriker - tat das selbstverständlich nur im langen Hemd, den Saum mit Blei beschwert. Nicht aus Prüderie, sondern weil man es für gesünder hielt.

Als ungesund, um nicht zu sagen als tödlich wurde das Schlafen im Liegen angesehen: Barocke Betten sind nicht nur deswegen so billighotelartig kurz, weil die Menschen damals generell kleiner waren, sondern weil die Oberschicht quasi im Sitzen schlief, denn es galt: "Liegen bringt den Tod."
Das schloss man daraus, dass diejenigen, die keine Betten hatten und auf dem Boden schliefen, kurz: das Volk, meist früh und oft an Lungen- und Infektionskrankheiten starben. Und das, glaubte man, konnte nur am Liegen liegen.

Nach so einer Nacht halbsitzend im Bett wurde in den Residenzen vom eigentlichen Schlafgemach ins offizielle Prunkschlafzimmer, das nur zur Show diente, gewechselt, zum Lever: Geladene Höflinge dürfen sich ums Bett versammeln und zusehen, wie die Hoheit angekleidet wird. Es gilt als Ehre und Gradmesser für den Status bei Hof. Andere "ehrenvolle" Details, in denen Nachttöpfe und sog. Leibstühle eine Rolle spielen, mal außen vorgelassen.

Intim wird es auch so: Am Hof von Louis XIV. schauten Handverlesene üblicherweise auch bei königlichen Zeugung(sversuch)en und Geburten zu. Damit das mit den kleinen Thronfolgern auch alles seine Richtigkeit hatte. Die wurden, wenn sie dann da waren, zur Erziehung Ammen anvertraut, die die Kleinen aus Standes-Gründen nur mit Samthandschuhen(!) anfassen durften, laufen lernen die Zwerge am Gängelband.
Mädchen werden von frühen Jahren an geschnürt. Später dann noch stärker (Idealmaß für die Taille ist die Breite des Kopfs), die Kleider werden nicht geknöpft, sondern jeden Morgen zugenäht. Organquetschungen und Rippenverschiebungen sind an der Tagesordnung, Ohnmachten damit auch, aber dafür gibt es ja Riechsalz.

Das durch und durch üppige Essen wurde der schlechten Zähne wegen eher zer- als gekocht (heutzutage würde es wohl als intravenöse Nahrung durchgehen) und deswegen Suppen und Pasteten extrem kultiviert. Trotzdem gab es auch jede Menge fester Gänge - teils nur aufgetischt, um präsentiert zu werden und den Wohlstand des Gastgebers zu illustrieren - das Ganze wurde dann wieder ungegessen abserviert: Der Augenschmaus.

Waren der und die eigentlichen Mahlzeiten beendet, wurde die Tafel aufgehoben - d.h. mobile Bretter mitsamt der Dekoration und dem Geschirr wieder abgetragen. Esstische kannte man in der Form nicht. Das erste Esszimmer wurde erst 1744 eingerichtet. In England.

Zum Abschluss, zwar nicht mehr barock, aber so obendrauf als schlossiges Detail: Die Spitze des Kilimandscharo befindet sich nicht da, wo sie eigentlich hingehört: in Afrika auf dem Berg, sondern im Erdgeschoss des Neuen Palais in Potsdam. Ein deutscher Bergsteiger namens Meier (Meyer, Mayer, Maier?) hat sie bei seiner Kilimandscharo-Erstbesteigung dem Kaiser zu Ehren abgesäbelt, und der hat die Spitze in den hauseigenen Grotten-Saal einbauen lassen.

Irgendwie doch nicht unerfreulich, dass demnächst 2006 kommt.
Und der 250jährige Jubilar dazu. Best of both worlds.

19 Dezember 2005

38-76-77

Die Zahlen sind nicht das, was man spontan so denken würde, sondern stehen auch für ein kunsthistorisches Anekdötchen.

(zur Vergrößerung Bild anklicken)
Pieter Brueghel d.Ä.: Bauernhochzeit. Wiener KHM

Bei 38 Menschen auf dem Bild dürften höchstens 76 Beine zu sehen sein. Es sind aber 77.

17 Dezember 2005

Butterweiche Dekadenz

Herr Weber von der Technik wünscht sich nach dem ganzen Bildwerk mal wieder Text, etwas Informatives soll es sein. Fein, also einen Fließtext à la Schulfernsehen geschmiedet:

So ein nächstes Mal(↓) wird es ganz bestimmt geben, denn die Führung war erstklassig. Nicht das übliche "Siebzehnhundertsoundso erbaut von xy, rechts sehen Sie Gemälde italienischer Meister, links flämische Miniaturen, bitte folgen Sie mir in den nächsten Saal ...", sondern echte Begeisterung der Führerin, die barocken Tratsch und Anekdoten aufbietet.

Ein Beispiel: Riesige Kronleuchter, ein absolut(istisch)es Muss.
Kristall kam aus Venedig oder Böhmen. Ungeschickt natürlich, wenn die fürstliche Immobilie nicht in Venedig oder Böhmen steht, und deshalb die Leuchter lange Strecken transportiert werden müssen: Holprige Wege, ungefederte Kutschen.

Wie also die guten Stücke verpacken und polstern, damit sie unzerbrochen geliefert werden können?
Mit einer Methode, von der heute noch die Rede ist, sprichwörtlich: In große Fässer packen und mit flüssiger Butter aufgießen, die dann zum Stoßdämpfer erstarrt - alles in Ordnung, alles in Butter.

Oder: Die Fächermode.
Nicht nur, um sich Frischluft zu- und den eigenen Odeur wegzuwedeln, wurden Fächer benutzt, sondern auch für eine spezielle Zeichensprache, um Verabredungen treffen zu können - je nach dem, ob der Fächer offen oder zu, links oder rechts .. gehalten wurde, war klar, was gemeint oder nicht gemeint war.
Das kann man freilich auch sagen.
Will man aber nicht, wenn man sich - wie der komplette Adel - mit spätestens 20 die sämtlich verrotteten Zähne hat ziehen lassen und die Mundflora sehr zu wünschen übrig lässt. Die Damen hatten dazu das Handicap, dass sie sich die hohlen Kiefer, damit das Gesicht nicht zu eingefallen aussieht, mit Seidenbällchen ausstopften, waff daff Fprechen auch nicht eben leichter macht.

Wäre morgen nicht Sonntag, könnten noch schweineblutgetränkte Flohfallen, Papageien, denen über Nacht verlauste Perücken zum Abpicken in den Käfig gehängt werden, und elfenbeinerne Kratzhände gegen Wanzenbisse Erwähnung finden, aber zu solchen Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Historiker oder die Damen und Herren vom Krawall-TV ("Die 100 widerlichsten Adels-Bräuche"). Unser kleiner Rundgang endet hier.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

16 Dezember 2005

Barock reloaded



Beim nächsten Mal lassen wir die Karte nicht über dem S, sondern über dem r abknipsen und besichtigen dann die Punkräume.

15 Dezember 2005

Standort Deutschland


Nicht nur Siemens, Daimler und VW, auch die dicken Kinder von Landau haben es getan: Abwandern. In diesem Fall nach Kopenhagen.
Dort jobben sie jetzt als Eintrittskarten-Dekorateure.

14 Dezember 2005

Zufällig Lagerfeld gesehen

... und darüber fast Schmidt* (heute auch nicht in der schlechtesten Form) verpasst. Der Abend war die Fernsehgebühren schon wert. Was immer in KLs Cola(?) war, er hat es gemocht.

Herr Kerner, irritiert: "Sie tanzen also zu Hause?. Ich dachte immer, zum Tanzen geht man aus!?"
Karl Lagerfeld, lächelnd: "Nicht, wenn Sie einen Ballsaal haben."


*der prompt Ärger bekommen hat [Anm. 16.12.05]

Gedichtetes gelesen

Auch wenn es als nicht fein gilt, auf bei Heise Gelesenes zurückzugreifen .. ich bin Neu-Bloggerin, ich weiß das noch nicht, veranstalte heute einen Linkaußen-Tag und außerdem ist es eine so schöne Meldung:

Das Online Poetry Archive der right honourable BBC.
Die Idee dahinter ist, dass neben den gedruckten Werken ein großer Gedichte -Pool entsteht, und außerdem manche viel besser verstanden werden, wenn der Autor sie selbst vorliest.

Werbeeinblendung: Damen- und Herren-Oberbekleidung

Es ist ja nicht so, dass hier zu Konsumfeindschaft aufgerufen würde, deshalb als Kontrastprogramm zum vorigen Beitrag (der optisch eigentlich der nachfolgende Beitrag ist):

Katz und Goldt bieten unter Rumpfkluft jetzt auch das feil, was in Österreich unter "Leiberl" laufen würde.
D.h. bestimmt gibt's die Teilchen schon länger, aber wir auf dem Land merken sowas gern mal erst ein paar Takte später. ;-)

13 Dezember 2005

Wenn das Marketing 2mal klingelt

... und man gerade in widersprüchlicher Stimmung ist:

An sich ein alter Hut, aber immer wieder bewährt.

Dialog mit Kontrapunkt

"Hey, Du widersprichst mir heute schon den ganzen Abend."
"Tu ich nicht."

12 Dezember 2005

Man zahlt nur einmal

Leichter Tadel von Herrn Weber von der Technik: Zu viel Bildungsbürgertexte hier. Also gut, dann eben Bildungsbürgerbilder. Als Beweis für die Zeitlosigkeit von Mozart.


Nicht nur kulturell wertvoll: Gut geklebt lässt es sich jedes Jahr wieder verwenden ...

Zielgruppenversagerin

Möglicherweise hätte ich mich doch auch gemeint fühlen sollen, als Herr Schmidt jüngst seinen Auftritt mit dem Aufsager "Ich bin hier, um die Frauen abzugreifen, die Udo Jürgens nicht mehr aufs Hotelzimmer lässt" startet:
Während Opel den seit Generationen bewährten Zorro ins Haus schickt, umschmeichelt die Firma BMW für ihren Kermit-Kleinwagen mit einer goldenen Werbe-Gabe: Der CD "10 Trax", hier noch in Verhüllung.


Schön, öh, ja. Ich kenne grade mal 2 Interpreten - Phillip Boa, der zu meinen Zeiten noch mit so einem Voodoo Club unterwegs war, und Maximo Park, von denen mal irgendwo ein Plakat hing.

Natürlich auch gut möglich, dass es gar kein Alters-, sondern ein Ignoranz-Problem ist. In dem Fall: Präsenile Weigerung, es zur Kenntnis zu nehmen.

Keine Pointe, dafür aber, für Wissende, die Playlist:
  1. The Tears - Autograph
  2. Phillip Boa - Decadence & Isolation
  3. Stereophonics - Dakota
  4. Photonensurfer - Sterne
  5. Chikinki - Ether Radio
  6. Maximo Park - Graffiti
  7. Hund am Strand - Neues Lied
  8. The Robocop Kraus - All the good men
  9. Ghinzu - Do you read me
  10. Diane - So weit

10 Dezember 2005

Die Rentenkasse freut sich















Einen Kalender für Familienplanung mit Kaninchen garnieren ... tja, warum auch nicht.

09 Dezember 2005

Hamburger Gerechtigkeit


Unter den deutschen Galerien
hat die Hamburger Kunsthalle
zwar das am deprimiertesten
wirkende (weil schlechtest bezahlte?)
Personal, dafür aber
die freudvollsten
Eintrittskarten
der Saison
2005.

08 Dezember 2005

Falsche Straßen wg. Monopoly-Verbot

Reisen bildet. Weihnachtsgeschenke suchen und in Lebensart-Katalogen blättern auch - buchstäblich historische Entdeckungen lassen sich da machen:



"Das Brettspiel stammte ursprünglich aus Amerika und wurde 1936 auch in einer deutschen Ausgabe hergestellt, deren Straßennamen dem Berliner Stadtplan entlehnt waren. An der Stelle des Spielfeldes, wo es heute Schlossallee heißt, hatte damals das Berliner Nobel-Viertel Schwanenwerder seinen Platz.

Die Legende will es, dass seinerzeit Propagandaminister Goebbels höchstpersönlich das Spiel verbieten ließ, weil er selbst - wie eine Reihe anderer NS-Spitzen - in Schwanenwerder wohnte und nicht wollte, dass dem Volk der Reichtum der braunen Machthaber so plastisch vor Augen geführt wurde.

Die Tatsache, dass das deutsche Monopoly seither weltweit das einzige Monopoly war, das mit Phantasie-Straßennamen auskommen musste, spricht dafür, dass an dieser Darstellung etwas dran sein könnte."

[aus: Torquato, Weihnachten 2005]

07 Dezember 2005

Erfolgreiches Scheitern



Beim Lieblingsgemälde der Deutschen auf Platz 10 von 10 (klingt freundlicher als "auf dem letzten Platz") gelandet, aber damit immerhin einen Cranach und Trauzeugen von Luther in die top ten gehievt.

Davon abgesehen ein seltener Beleg dafür, dass mit Nackten allein doch nicht jeder Blumentopf zu gewinnen ist.

06 Dezember 2005

Helden, die gehen

Offensichtlich hält mich die Firma Opel für einen Helden der Straße (doch am Ende nicht deswegen?), weiß um eine farbliche Vorliebe und schickt also einen ästhetischen Maxi-Brief:



So weit, so gut. Im Innenleben dann das:



Auch prima, ein Mann von schönem Wuchs. Was aber irritiert, ist der Text:
Autowerbung, in der die Helden lieber gehen als fahren - bedenklich.

05 Dezember 2005

Ein alter Bordeaux und keine Schokolade

"Dass ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust, auf dieser Erde zu leben, vermehrt worden."

Was für ein Kompliment!
Friedrich Nietzsche hat es Michel de Montaigne gemacht.
Sagt jedenfalls der Klappentext der Essais, die der Nikolaus eben geschickt hat (im Übrigen einen Tag zu früh, dafür ohne kakaomassehaltige Beilagen).


(Französischkönner, bitte nicht grämen, aber Bordelais tönt einfach zu stark nach Tiefkühlfisch).

Mann-Frau-Tausch im Selbstversuch

Montag, des Morgens. Textlich ist nicht viel zu erwarten, und dass Harald Schmidt live sensationell war, sprüht auch nicht vor Originalität (Verehrer wissen es ohnehin, alle anderen lässt es kalt).

Also ist der Moment der Fremdquelle ist gekommen:
Mann-Frau-Wandler.

1. Bild aufrufen.
2. Aufstehen und sich einmal umdrehen.
3. 2-3 Meter Abstand zum Bildschirm nehmen.
4. Nochmal umdrehen:
Mann und Frau haben sich vertauscht.

03 Dezember 2005

Douglas' Wink mit dem Zaunpfahl

(Achtung, reines Metrosexuellen- bis Frauenthema!)

Unterwegs.
Beim Kulturbeutelentpacken festgestellt, dass die Gesichts-Tünche alle ist. Das zwingt zu einem Besuch beim unvermeidlichen Bestandteil jeder deutschen Fußgängerzone, der Ladenkette unseres Missvergnügens: der Parfümerie Douglas.

Kundin baut sich vor dem Regal auf, sucht ab, findet nicht. Freundliche Fachkraft naht:
"Guten Abend, wie kann ich Ihnen denn helfen?"
"Guten Abend. Ich bräuchte Grundierung, Teint Dior light, die allerhellste Nuance, Farbnummer 001."
"001? Das ist ungewöhnlich, ganz hell wird so selten verlangt. Vielleicht haben wir haben es im Lager. Moment bitte."

Frau Douglas verschwindet, Kundin sichtet in der Zwischenzeit weitere Regale und macht eine erfreuliche Entdeckung, Frau Douglas kommt mit einem Tiegelchen aus dem Backoffice zurück.
"Es war tatsächlich noch die ganz helle da."
"Wunderbar. Sagen Sie, ich sehe gerade, Sie führen Leclerc-Puder. Hätten Sie den puren weißen vorrätig?"
"Da muss ich nachsehen. Wissen Sie, die meisten Kundinnen bevorzugen doch eher die getönten Varianten, blass wird wirklich gar nicht nachgefragt."
Wohl deswegen ist tatsächlich noch ein Döschen in der bleichen Variante zu haben.

An der Kasse dann die handelsübliche Bescherung mit Pröbchen.
Und was findet sich neben schwülen Duftproben in der gewohnt viel zu bunten Douglas-Tüte?
Die Tönungscreme "dark-bronze", der Selbstbräuner "golden brown" und die Tanning Lotion "super fast tan".

Das dürfte in die Kategorie 'psychologische Kriegsführung' fallen.


Anmerkung: In Ulm, vielleicht auch um Ulm herum, sind die Internet-Cafes denkbar unkuschlig. Kein Wunder, dass sich alle Welt auf dem Weihnachtsmarkt tummelt.

02 Dezember 2005

Kleines Mysterienspiel

Was tun, wenn's auf Reisen geht, und wenig Gelegenheit für einen geschwätzigeren Eintrag bleibt?

Einen der Großmeister zitieren: "Ein Blog muss ein Geheimnis haben".

Und dann keck das Geheimnis mit nach Ulm an der Donau nehmen.

01 Dezember 2005

Fantastische Vier

So schlimm, wie vor ein paar Artikeln noch gezetert, ist es mit dem Mangel an Lesezeit gar nicht. Das war nur gejammert, weil man das in Deutschland angeblich macht, jammern.
Ist aber auch das Land der Dichter und Denker. Schöner Anlass also für ein paar Takte Literatur: Die vier "Favorite Books/Lieblingsbücher" aus dem Blogger-Profil.

Der Stechlin - Zum Schluss stirbt ein Alter und zwei Junge heiraten sich; - das ist so ziemlich alles, was auf 500 Seiten geschieht (O-Ton Fontane).
Technisch gesehen 'passiert' tatsächlich nichts und trotzdem ist es süffigster, in einem Rutsch durchzulesender Stoff. Wunderbare Personenschilderungen, warmherzige Ironie, Fontane wird jeder seiner Figuren gerecht.

Den Fehler, sich den Stechlin-See (ca. 1 1/2 Std. von Berlin) im Sommer anzusehen und Atmo einfangen zu wollen, sollte man allerdings nicht machen: Statt Magie gibt es übergewichtige Badegäste, grillende Badegäste, paddelnde Badegäste, krakeelende Badegäste, sonnenbadende Badegäste, plantschende Badegäste, Bierkästen schleppende Badegäste ...

Mein Leben ist die Hölle - Die Autobiographie von Bernd* dem Brot, "mit den viel zu kurzen Armen. Ihr wisst schon". Ein Bilderbuch, das mehr sagt als 1000 Worte, über ein Brot, das sowieso nicht in Worte zu fassen ist. Gar kein Mist.

Die Leiden des jungen Werther** - Ein Beispiel dafür, dass Bücher ihre Zeit haben (oder Leser, je nach dem). In der Schule, als es Pflichtlektüre war, war es Pflichtlektüre. Langweilig, geschwollen, fad. Inzwischen gehört es zu den 10 Titeln, die mitkämen auf die einsame Insel. Weniger wegen des Sentiments, als für Stellen wie diese:

Kurz und gut, ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht. Ich habe - ich weiß nicht.

Es ist ein einförmig Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bisschen, das ihnen von Freiheit übrig bleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden.

Winnie the Pooh - Unbedingt in einer Ausgabe mit den Original-Illustrationen von E. H. Shepard. Eigentlich ein Kinderbuch, eigentlich aber gar nicht, sondern im besten Sinne einfach anrührend und absolut frei von Kitsch und Süßlichkeit. And with a lot of hunny.


*Bernd hat, was ich nicht habe: Einen klickbaren Adventskalender.
**Werthers Echter sozusagen: Der Briefroman per Mail. E-Mail-Adresse angeben, und Werther schreibt - täglich, werktags, oder zu den Originalterminen, zu denen er auch an Wilhelm schrieb.